Dienstag, 3. Mai 2011

Woodland

Leseprobe aus dem Roman "Woodland" von Maboo


Der Club

Der Woodland Club lag direkt am Wald, an einer großen Durchgangsstraße gegenüber dem Depot. Der Laden machte erst so um 22.00 Uhr auf. Vor Mitternacht durften nur Armee Angehörige rein.
Wer cool sein wollte, machte schon vorher mit dem Auto, auf dem winzigen Parkplatz davor die Show. Die Amis hatten bunte Leuchtröhren unter ihren 12-Zylinder Riesentrucks, Basswoofer, die einen umwarfen und eine Hammeranlage.
Sprit war billig, Baby! Für den Liter zahlten die Amis umgerechnet 0,20€. So konnte man jeden Scheiß machen und musste nicht immer zwanghaft auf die Kohle achten.

Nachts saßen meistens Pärchen in den Autos auf dem Parkplatz und zogen eine Nummer durch oder bekifften sich. Nachts, das war um 3 oder 4 Uhr, wenn die ganzen deutschen Diskos schon längst zu hatten oder wegen Fronleichnam erst gar nicht geöffnet waren. Hier galten andere Gesetze und die waren einfach besser.
Später, in den Neunzigern dann kamen auch viele aus Frankfurt, Friedberg oder Marburg in den Woodland Club. Gegenüber war das „Depot“, Europas größte US Nachschubbasis. Da drin gab es auch noch einen Club, den „Alpine Club“. Manche sagten, das Alpine wäre für die Weißen und das Woodland für die Schwarzen.
Naja, ich ging lieber zu den Schwarzen, die konnten wenigstens Stimmung machen. Die Wahrheit war wohl, dass das Woodland der Club für die niedrigen Ränge und das Alpine für die Offiziere war. Und die waren früher halt eher weiß. Ich hatte jedenfalls keinen Bock mir irgendso so einen schwulen Softsound ala „Easy Listening“ reinzuziehen, ich wollte Black Music!

Im Club waren schon die Delegation aufgetreten, ich war beim Grandmaster Flash and the furious five Konzert und Melle Mel hatte danach meine damalige Freundin auf dem Schoß sitzen und ihr den Arsch befummelt. Als Michael Jackson in Frankfurt im Waldstation auftrat, hieß es danach würde er ins Woodland kommen. Gesehen hat ihn dann keiner – aber es hätte mich nicht gewundert.

Der Club war ein eher kleines Gebäude mit einem Raum für Casionospiele, einem kleinen Imbiss, wo es frittierten Catfish oder Chickenwings gab und vieeel Tabasco und fettige Pommes.

Wie ich den Greenbuck zu lieben lernte

 

Im Club selbst, gab es nur eine gültige Währung und zwar US Dollar. Damit zahlte man Eintritt, die Casionoautomaten, das Essen und alle Getränke.
Der Club hatte meistens erste-Sahne DJs aus den USA, die genau wussten was die Leute hören wollten. Der DJ arbeite auf einer Bühne vor dem Tanzsaal – so muss man das Ding wohl nennen, und brüllte ständig irgendetwas ins Mikro wie:
„The roof ,the roof is on fire, we don´t need no water let the motherfucker burn! Burn motherfucker burn!“
oder
„All the ladies who feel sexy tonight, raise your hands up“
Getanzt wurde bis zum Umfallen. Ich weiß nicht wie man die Stile nennt. Zuletzt sehr sexy. Wir hatten dort in den Zeiten ohne Internet immer den neusten Shit aus den Clubs in New York und Co.
Um Mitternacht gab es so eine Stunde lang Slowmusic und Dämmerlicht.
Wow, Mann wie man da Frauen abgreifen und fummeln konnte im Dunkeln. Meistens lief Babara Masons“ Another Man“ und solche Schnulzen. Leg so was mal auf und jede Schnecke wird nass...
Viele Frauen gab es natürlich nicht und die meisten Gäste waren schwarz wie die Nacht. Allein das hielt die meisten Deutschen ab dorthin zu gehen, die schissen sich in die Hose.
Aber ich war da ein Fisch im Wasser.

Im Club - Saturday

Am Abend war die Stimmung ganz gut. Es gab ein oder zwei kleinere Schlägereien, sonst war es ruhig.
Vor dem Big Apple hatte so ein Dönerwagen aufgemacht. Ich stand da mit ein paar Leuten, als Cmore auftauchte. Er sah mich wohl nicht und wollte schon an mir vorbei gehen, als ich ihn ansprach. Ich bot ihm an, ihn auf ein Döner einzuladen, aber er lehnte es ab. Von den beschissenen Türken würde er nie was essen.
Ich verstand nicht wieso und versuchte nachzubohren. Aber es war zwecklos. Er holte seine „Geheimwaffe“ raus. Es war eine Rasierklinge, die er in seinem Portemonaie versteckte. Sie war auf einer Seite abgeklebt und mit einer kleinen Kette befestigt. So konnte man sie im Ernstfall schnell aus der Hosentasche ziehen.
„Ich hab extra eine neue Klinge für diesen Fucker gekauft“ , sagte er,“Ich werde ihn umbringen!“ Er wirkte extrem nervös und aufgeregt. Seine Augen waren weit und sein Blick wild und starr. Er trug einen schwarzen Anzug mit einem schwarzen Hut.

„Cool down“, sagte ich ihm. Er fuchtelte mit der Rasierklinge bedrohlich nah an mir rum und wollte nix hören. Plötzlich reckte er sich und drehte sich in Richtung des Taxistandes vor dem Eingang. Er rannte los und schlug mit den Händen auf das Dach eines Minicars. Die Fahrgäste, die gerade ausstiegen verstanden die Welt nicht mehr. Cmore brüllte und schlug mit der flachen Hand auf das Dach des Autos. Der Fahrer gab Gas und fuhr mit quietschenden Reifen weg. Hmm....

Cmore ging zum Eingang und verschwand im Gewimmel der Disko. Den ganzen Abend war er nicht ansprechbar. Ich ging ihm aus dem Weg, denn irgendwie fand ich ihn zum ersten Mal unberechenbar.
Der Abend war aber auch so gut. Die Musik war geil, die Leute tanzten wie verrückt.
Mit ein paar Freunden ging ich um Mitternacht zu Fuß die 2 Km bis zum Woodland Club. Ich hatte mit ein paar GIs, die gerade im Manöver bei mir zuhause im Wald waren ein paar gute Deals gemacht und reichlich Dollar dabei.

Aus irgend einem Grund waren die einarmigen Banditen so eingestellt, dass man nie verlor und höchstens mal gewann. Ich nehme an, damit die Soldaten nicht ihr ganzes Geld im Casino verzocken. Aber mit mir hatte da ja keiner gerechnet. Ich verdoppelte an einem Abend meine Kohle. Dafür kriegte ich kaum was vom Tanzsaal mit und was dort abging.

Sibylle und Sabine saßen an einem der Tische im Tanzsaal. Eine der Merkwürdigkeiten im Woodland. Der Saal war zur Hälfte mit Tischen und Stühlen belegt. Die Stühle hatten so Armlehnen aus Plastik und Rollen an den Beinen, sahen zwar irgendwie wie Schloßinventar aus, waren aber auch schön bequem.
An diesem Abend lernten Ilex und Cmore sich kennen.

Im Getümmel mittendrin war Ray. Ein 2 Meter Nigger mit Silberblick und Oberarmen wie ein griechischer Titan. Er schleppte so ein Monster Fotoapparat mit sich rum. Damit machte er Bilder, die er sofort entwickelte und den Leuten verkaufte. Ich denk mal sein Geschäft lief gut. Hätte er nicht so viel gekokst, wäre auch noch was übrig geblieben. Eines seiner Bilder zeigte Cmore umringt von Sibylle, Sabine und Ilex
Die Mädchen waren pleite und Cmore war spendabel. Letzten Endes waren alle besoffen und hatten einen tollen Abend.
Die Chicas waren sexy – aber jeder wollte an sie ran und so flogen dann hin und wieder die Stühle und die Flaschen durch den Saal. Meistens ging es um Frauen. Der wollte die, aber der wollte sie nicht hergeben und so weiter und so fort. Die Amis prügelten sich immer heftig und ohne Rücksicht auf Verluste. Sie nahmen Flaschen und Stühle und schmissen alles mögliche durch die Gegend. Wenn das dann geschah, kamen die Bodyguards, die normalerweise am Eingang die Gäste kontrollierten. Es waren 2 Meter Typen mit Muskelpaketen, die einfach draufhauten und nicht nachfragten. Das Motto war, Zeit zu gewinnen, bis die MP da war. Die MP patrouillierte um Mitternacht durch den Club und fischte den ein oder anderen raus, der irgendetwas auf dem Kerbholz hatte oder zu besoffen war. MP war das Schlimmste was dir passieren konnte. Die hauten brutal auf jeden der nur „Piep“ sagte und pferchten ihn in ihre Strassenkeuzer mit Blaulicht. Die sahen so aus, wie die Schlitten bei Kojak.

Der Laden machte erst morgens zu, bis dahin wurde getanzt, gesoffen und manche zogen sich auf dem Klo eine Line. Die Luft war erfüllt vom Schweiß, es war unerträglich heiß und laut. Wie Diven streiften einige Nachschattengewächse durch die Landschaft, die abgefahrensten Tussis kamen erst tief in der Nacht und hatten ihren Auftritt.

Unterhaltung war praktisch unmöglich, aber niemand wollte wirklich reden.
Selbst die einarmigen Banditen waren tierisch laut.  Ich habe immer vermutet, das die Army die Dinger so einstellen lässt, dass da kein Idiot seinen ganzen Sold verzockt. Für uns war das also nicht gedacht, aber wir nutzen es aus. Wenn es auch nur die 5-Cent Automaten waren, die so tickten.
In einer schmuddeligen Ecke gab es noch sowas wie eine Essenausgabe. Dort konnte man fritiertes Chicken oder Catfish bestellen. Dazu gab es wolkenweiche Weißbrotstücke. Wer was auf sich hielt, kippte ordentlich Tabasco drüber – das Grundnahrungsmittel schwarzer US Amerikaner. Ich glaube es gab auch Cheeseburger die nicht geschmeckt haben und irre teuer waren. Der Imbiss war hinter so einem Holzschiebefenster. Ein älterer, Deutscher kochte dort mit seiner Friteues die Leckereien und eine blonde Schnecke – die wohl Amerikanerin war und ganz gut aussah – putzte alle 5 Minuten die Küche ab. Wenn die zwei keinen Bock hatten zu arbeiten, machten sie einfach das Schiebefenster zu und sagten es sei nix mehr da. Vielleicht wollten sie auch mal schnell eine Nummer schieben. Wer weiß das schon?

Wenn man etwas zu trinken bestellte, musste man mit der Hand am Ohr vom Barkeeper brüllen. Zeichen gingen aber auch. Wir wechselten dort oft Mark in Dollar um. Der Kurs war besser als auf der geizigen Sparkasse und so war jeder Abend ein kleines Geschäft.

Sonntag

Cmore und ich hatten uns für den Sonntag Mittag verabredet. Es war Sommer , geiles Wetter und er wollte mir ein paar Tricks beim Basketball beibringen. Außerdem wollten wir in den Park gehen. Da grillten bei diesem Wetter coole Leute- und natürlich- vor allem wollten wir nach Chicas Ausschau halten.
Cmore hatte trotz des Scheiß heißen Wetters seinen bescheuerten Hut auf. Ich fand das für einen 19-jährigen irgendwie uncool. Aber, seine Sache. Er wollte halt auffallen.
Als wir durch die heiße Sonne auf den Park zugingen hielt Cmore plötzlich an und sah mich ernst an. „Ich werde dir was erklären“, sagte er. „Ok, was gibt’s?“ fragte ich ihn.
„Es geht um das von gestern – warum ich so bepisst war. Es hat mit dem Taxi zu tun“, begann er zu erklären. Mir war nicht so wohl dabei, denn ich merkte, wie sein Gesicht sich verfinsterte und erwartete,dass er gleich die Rasierklinge wieder in der Hand halten würde.
Er war sichtbar gereizt und dann brach es aus ihm heraus:“ Dieser Taxifahrer, dieser Typ hat Nigger zu mir gesagt! Deswegen werde ich ihn suchen und wenn ich ihn habe, werde ich ihn umbringen“.
„Vielleicht hast du dich verhört“,wand ich ein,“außerdem: vergiss es einfach....“

Cmore lies mich nicht ausreden und wurde noch wütender. Er sprach schnell und brabbelte eher. Man konnte kaum verstehen, was er sagte. Er redete von dem Türken und das er ihn kennen würde. Er hätte das mit Absicht gesagt und er habe alles richtig verstanden.
Dann wurde er noch wütender „ Versuch nicht mich davon abzubringen, hast du das verstanden?“
Ich dachte an seine brandneue Rasierklinge im Portemonaie. „Nein,nein“, entgegnete ich,“Tu was du willst“.
So gingen wir halt in den Park am Schwanensee. Dort waren immer coole paar Leute die abhingen,grillten und auch was kifften.

Leider gab es viel zu wenig Weiber dort. Dann saßen alle im Kreis um einen Grill, es gab Barbeque, richtige Hamburger und aus dem Ghettoblaster kam die neuste Musik. Wenn dann noch die Sonne schien und man schön breit auf der Wiese den Himmel anstarren konnte war die Welt in Ordnung.



Willst du wissen wie es weitergeht? Dann abonniere den Blog!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für deinen Kommentar! Schau mal wieder vorbei und wenn es für dich wichtig war, like/share den ganzen Beitrag einfach um deine Botschaft weiter zu verbreiten.